Klingendes Holz aus alten Zeiten
 
Anmühtig und wol zu hören

Michael Praetorius (1571 – 1621)

Michael Praetorius
Michael Praetorius im Alter von 35 Jahren, 1606.

Praetorius wurde, der Überlieferung nach am 15.2.1571 in Creuzburg an der Werra, nahe Eisenach (heute im deutschen Bundesland Sachsen-Anhalt) geboren. Sein Vater, Michael Schulteis – Praetorius ist die lateinische Übersetzung von Schultheiß – , war lutherischer Pfarrer. Praetorius besuchte die Lateinschule in Torgau (Sachsen). 1585 nahm er das Studium der Philosophie und Theologie an der Universität Frankfurt an der Oder auf. Ende 1586 starb sein älterer Bruder Andreas, Theologieprofessor an der Frankfurter Universität, der für seinen Lebensunterhalt gesorgt hatte; daraufhin übernahm Praetorius, obwohl er über den schulischen Musikunterricht hinaus keine musikalische Ausbildung erhalten zu haben scheint, das Amt des Organisten an der dortigen Universitäts- und Pfarrkirche St. Marien, führte daneben aber seine Studien weiter. Seine Anstellung endete nach etwa 3 Jahren, um 1590 verließ er Frankfurt.

1592 oder 1593 kam Praetorius nach Wolfenbüttel bei Braunschweig, seit spätestens 1595 war er am Hofe des Herzogs Heinrich Julius von Braunschweig-Lüneburg tätig, zunächst als Organist. 1604 wurde er zum herzoglichen Kapellmeister ernannt, übte aber weiterhin auch das Organistenamt aus. 1605 erschien unter dem Titel Musae Sioniae oder Geistliche Concert Gesänge, Erster Theil, der erste Band seiner zahlreichen geistlichen Vokalkompositionen im Druck. Unter der Förderung des kunstsinnigen Herzogs erwarb sich Praetorius in den nächsten Jahren den Ruf eines der führenden Komponisten im protestantischen Teil Deutschlands. In kurzer Folge kamen weitere Kompositionen im Druck heraus.

1613 verstarb unerwartet Herzog Heinrich Julius; für Praetorius bedeutete das das Ende des relativ ruhigen Lebens in der Provinz. Vom kurfürstlichen Hofe in Dresden kam die Anfrage, ob man ihn während des Trauerjahres, in dem sich musikalisch am Wolfenbütteler Hof nichts abspielte, „ausleihen“ könne. So trat er im Herbst 1613 sein neues Amt als „Kapellmeister von Hause aus“ in Dresden an. Nach Ablauf eines Jahres wollte er wieder zurück und schickte dem neuen Herzog, Friedrich Ulrich, Vorschläge zur Reorganisation der Wolfenbütteler Kapelle. Diese blieben unberücksichtigt, was auch darin begründet sein könnte, dass Friedrich Ulrich von seinem Vater nicht nur das Herzogtum, sondern auch hohe Schulden geerbt hatte und der Musik daher nicht oberste Priorität beimaß. So blieb Praetorius bis zum Frühjahr 1616 in Dresden (war allerdings wohl noch länger dort angestellt, denn er erhielt bis 1618 finanzielle Zuwendungen).

Die Tätigkeit am dortigen kurfürstlichen Hofe brachte erhebliche künstlerische Aufgaben und Herausforderungen mit sich, aber durch die Berührung mit neuen Moden und Strömungen und den Kontakt mit international erfahrenen Musikern auch viele Inspirationen.

Ab 1616 war Praetorius als geschätzter musikalischer Berater und Organisator viel unterwegs, teilweise zusammen mit berühmten Kollegen (etwa die Einrichtung der „Concertmusik“ am Magdeburger Dom zusammen mit Samuel Scheidt und Heinrich Schütz). Als er 1620, überarbeitet und krank, nach Wolfenbüttel zurückkehrte, war die Kapelle stark heruntergekommen, und seine Anstellung, die in gewissem Umfang wohl weiterbestanden hatte, wurde nicht mehr verlängert. Am 15. Februar 1621 starb Michael Praetorius in Wolfenbüttel, gerade einmal 50-jährig. Den größten Teil seines nicht unbeträchtlichen Vermögens gab er in eine mildtätige Stiftung für Arme.

Sein umfangreiches, erhaltenes Werk besteht überwiegend aus geistlicher Vokalmusik, von schlichten Choralsätzen bis hin zu prachtvollen, mehrchörigen Konzertkompositionen. Diesen geistlichen Werken sollte eigentlich ein weltliches Œuvre vergleichbaren Umfanges gegenübergestellt werden, leider wurde davon nur ein Band mit französischen Tanzsätzen gedruckt. (Angeblich sollen die anderen Ausgaben fertiggestellt und auch schon am Wolfenbütteler Hof in Benutzung gewesen sein, aber noch nicht im Druck erschienen. Sie sind verschollen.)

Titelblatt Organographia
Michael Praetorius: De Organographia (1619). Titelblatt

Daneben verfasste Praetorius ein überaus wichtiges musiktheoretischen Werk, das dreibändige Syntagma musicum (Musikalische Ordnung), eine unschätzbare Quelle zur Musik der ausgehenden Renaissance und des beginnenden Barock, bestehend aus einem Band zur Musikgeschichte (1615), einem zur Instrumentenkunde (1619) und einem zur Aufführungspraxis (1619). Zu einem geplanten und bereits konzipierten vierten Band kam Praetorius nicht mehr. Der zweite Band, De Organographia (Beschreibung der Instrumente) enthält – neben ausführlichen Erörterungen alter und neuer Orgeln – eingehende Beschreibungen aller (na gut – der meisten) damals in Deutschland bekannten Instrumente; in einem Anhang werden diese sehr genau abgebildet (sowie einige exotische Instrumente, bei denen manchmal der Eindruck nicht zu vermeiden ist, die Zeichnung sei nach dem Hörensagen entstanden, und einiger biblischer Instrumente, die Praetorius aus der Musica getutscht des Sebastian Virdung übernommen hat). Diese Darstellung des bekannten Instrumentariums geht an Umfang und Genauigkeit weit über diejenigen von Virdung und Agricola hinaus – nicht zuletzt auch bedingt durch den Fortschritt der Drucktechnik in den mehr als 100 Jahren zwischen Virdungs Musica getutscht (1511) und Praetorius‘ Organographia (1619). Sie ist häufig die einzige Information über das Aussehen von Instrumenten, die wir ansonsten nur, wenn überhaupt, aus schriftlichen Erwähnungen kennen, und es war in den letzten Jahrzehnten oft möglich, allein auf dieser Grundlage diese Instrumente zu rekonstruieren.

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Martin Agricola
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