Alte Musik im Stift Seitenstetten

Komponisten

William Byrd

William Byrd wurde um 1540 in London geboren (seine eigenen Angaben über sein Geburtsjahr sind widersprüchlich – in seinem Testament vom No­vem­ber 1622 schreibt er „in the 80th year of age“, was seine Geburt im Jahr 1541 oder 1542 nahelegt, während in einem von ihm verfaßten Dokument von 1598 steht, er sei „58 yeares or ther abouts“, was auf 1539 oder 1540 hin­deu­tet). Über seine Jugend weiß man nichts Genaues, aber mit großer Wahr­schein­lichkeit war er als Knabe an der Chapel Royal und genoß dort eine musi­kalische Ausbildung von Thomas Tallis.

Byrds erste Anstellung, von der wir wissen, war als Organist und Chorleiter an der Kathedrale von Lincoln. Sie dauerte bis 1572 und verlief nicht immer ganz harmonisch: 1569 bekam er Ärger mit dem Domkapitel wegen „certain matters alleged against him“, was zu einer vorübergehenden Einbehaltung oder Kürzung seines Gehalts führte. Vermutlich war den Herrschaften im ziem­lich puritanisch geprägten Lincoln die Polyphonie seiner Chorsätze und sei­nes Orgelspiels zu ausschweifend. Ihm wurden dann auch detaillierte In­struk­tionen überreicht, wie die Orgel in der Liturgie hinkünftig zu handhaben sei. Andererseits wußte man Byrds Kirchenmusik durchaus zu schätzen, denn auch nachdem er seine Stellung in Lincoln 1572 gekündigt hatte, um an die Chapel Royal in London zu wechseln (den Titel Gentleman of the Chapel Royal hat­te er bereits seit 1569), zahlte das Domkapitel ihm weiterhin ein reduziertes Gehalt, um auch in Zu­kunft seine Kompositionen (soweit für puritanisch geprägte anglikanische Gottesdienste brauchbar) zu­ge­schickt zu bekommen. Die Stelle in London war übrigens kurzfristig frei geworden, nachdem der bis­he­rige Inhaber, Robert Parsons, bei einem Unfall ertrunken war.

In dieser Zeit gab es zwei parallele Entwicklungen: Zum einen erfreute Byrd sich mittlerweile eines hervorragenden Rufes in Hofkreisen, zum anderen begann er, seinen katholischen Glauben deutlicher und unverblümter zu zeigen. Letzteres wäre ohne ersteres ein gefährliches Unternehmen gewesen. Byrd allerdings schadete es einstweilen nicht oder nicht nennenswert – im Gegenteil genoß er eine derartige Wert­schätzung seitens Königin Elisabeth, daß sie Thomas Tallis und ihm im Jahr 1575 gemeinsam auf 21 Jahre (nach anderen Quellen 25 Jahre) das alleinige Recht gewährte, Noten zu drucken, zu im­por­tie­ren und Notenpapier herzustellen. Das erste Werk, das die beiden noch im Jahr der Patent-Erteilung herausbrachten, war eine Motettensammlung namens Cantiones quae ab argumento sacrae vocantur (Gesänge, die nach ihrem Inhalt als geistlich bezeichnet werden), kurz Cantiones sacrae, die natürlich der Königin gewidmet war und zu der jeder von ihnen 17 Motetten beisteuerte, weil 1575 ihr 17. Regierungsjahr war. Der Kurz­titel ist insofern problematisch, als Byrd später noch zwei Ausgaben Cantiones sacrae herausbrachte Musikalisch war die Sammlung vom Feinsten, eine überaus aufwendig und sorgfältig gestaltete Ausgabe, aber leider war das Unternehmen vielleicht gerade deshalb wirtschaftlich ein totaler Fehlschlag, so daß sie die Königin um ein „Rettungspaket“ bitten mußten, das ihnen dann auch in Form ihnen auf 21 Jah­re übertragener Ländereien bzw. deren Ertrag gewährt wurde.

Mit Tallis verband Byrd auch außerhalb der professionellen Sphäre eine enge Freundschaft; Tallis war der Patenonkel von Byrds zweitem Sohn Thomas (geb. um 1576).

Im Laufe der 1570er Jahre wurde die Situation zwischen den Katholiken und der englischen Krone im­mer angespannter. Auch für Byrd wurde die Luft dünner; als 1583 ein prominenter katholischer Freund im Verdacht stand, mit dem Throckmorton Plot, einer Verschwörung zur Ermordung von Königin Eli­sa­beth und zur Inthronisation der (katholischen) schottischen Königin Mary Stuart zu tun zu haben, und über­dies bekannt wurde, daß Byrd Exil-Katholiken finanziell unterstützte, wurde er vorübergehend aus der Chapel Royal ausgeschlossen, er durfte sich nicht frei bewegen und sein Haus wurde durchsucht.

Letztlich aber war Byrd ein zu bedeutender Musiker, als daß er die Zeiten der Katholikenverfolgung in Eng­land nicht deutlich leichter überstanden hat als sehr viele Andere – zumal er weiterhin auch angli­ka­ni­sche Kirchenmusik komponierte. Das Notendruck- und -import-Patent bzw. die auf dieser Basis erhobenen Gebühren machten ihn einigermaßen wohlhabend, zumal er nach Tallis‘ Tod 1585 alleiniger Patentinhaber war.

Enge Beziehungen hatte Byrd neben Tallis auch zu seinem Schüler Thomas Morley, aber auch mit Philippe de Monte verband ihn eine langjährige Freundschaft, die sich u.a. darin zeigte, daß Monte im Jahr 1583 an Byrd eine 8-stimmige Motette „Super flumina Babylonis“ schickte, worauf Byrd sich im folgenden Jahr mit der Sendung eines zweiten Teils („Quomodo cantabimus“) an den Frend revanchierte.

William Byrd starb am 4. Juli 1623 in seinem Wohnort der letzten 30 Jahre, Stondon Massey in Essex.

William Brade

William Brade wurde 1560 in England geboren. Wo oder wann genau, ist nicht bekannt. Um 1590 kam er an den brandenburgischen Hof nach Berlin und führte im folgenden ein recht unstetes Wan­derl­eben. 1594 ging er an den dänischen Königshof, 1596 kehrte er nach Berlin zurück, 1599 erneut nach Kopen­hagen – hier traf er neben anderen Musikern auch John Dowland, der im Vorjahr eine Stelle als Hoflautenist angetreten hatte. Möglicherweise hielt er es diesmal sogar bis 1606, also ganze 7 Jahre, an einem Ort aus. Möglicherweise war er aber zwischendurch nochmal in Berlin, in den Auf­zeich­nun­gen der Hofkapelle wird 1603 ein Wilhelm Brandt genannt – war das vielleicht Brade?.

1606 jedenfalls verließ Brade Kopenhagen, begab sich an den Hof des Grafen Ernst zu Holstein-Schaum­burg in Bückeburg (etwa 50 km west-südwestlich von Hannover) und blieb dort bis 1608. Das näch­ste Ziel war Hamburg, wo er die nächsten zwei Jahre die Ratsmusik leitete (in dieser Funktion war er ein früher Vorgänger von Georg Philipp Telemann, der über 100 Jahre später Leiter der Ratsmusik war). 1610 ging es zurück nach Bückeburg, man will ja nicht einrosten. Diesmal blieb er drei Jahre dort. Ab 1612 arbeitete er zusammen u.a. mit Thomas Simpson, der  neu engagiert wurde; zusammen mit weiteren eng­li­schen Musikern bildete man die english music und war ein bißchen was besseres in der Hofkapelle.

1613 allerdings gab es dann dicke Luft in Bückeburg – Brade wollte mehr Geld; nicht ein bißchen mehr, son­dern ordentlich mehr, 1000 Taler im Jahr anstatt der vereinbarten 400. Wenn der Graf das nicht zah­le, gebe es halt keine Musik mehr von ihm, dann gehe er halt wieder nach Hamburg. Wie es aus­sieht, war Brade selber nicht das Problem (oder zumindest nicht das einzige), sondern Mrs. Brade.

Wir wissen das alles aus einem Brief, den der erboste Graf Ernst an den Amtmann in Pinneberg (Vorort von Hamburg) schrieb, mit der Bitte, er möge bei den beiden Bürgermeistern in Hamburg vor­stel­lig zu werden und ihnen „glimpflich anzeigen welchergestalt wir Wilhelm Brats auf sein vielfeltiges instendiges An­halten für zween Jahren zum Violisten wiederumb zu Dienst angenommen und ihm jährlich 400 Thaler nebend einem sammiten Kleide und einem Fuder Roggken zu Besoldung geben und entrichten lassen, womit er auch bis dato con­tent und zufrieden gewesen, hat sich aber itzo durch sein unruhiges Weib so weit zu besonderer Muthwilligkeit und Meu­terei bewegen lassen, dass er offentlich durffen anzeigen, wofern wir ihm in kunfftig jedes Jahr nicht tausend Thaler nebens einem sammitten Kleide geben wolten, dass er uns dann zu dienen nicht gedachte, welche grobe Unbesonnenheit wir an ihm zwar wol alspalt wolten haben vindiciret und ihm und seinem Weibe und Kindern das Thor weisen lassen; weil er aber diesen Ostern unsere Kleider entfangen und sich dadurch also tacite noch uf ein Jahr lang obligieret und verbunden hat, soll er auch hiernebens so viel vermerket, dass wenn sein Muthwille ihm hie lenger nicht angehen, er sich dann wieder gen Hamburg begeben wollte, auff den Fall begereten wir an die Burgermeistere hiemit gnedig, sie wollten es dahin diri­gi­ren, dass er, Wilhelm Bratt, als ein muthwilliger, frevelhafftiger Geselle in der Statt Hamburg nicht geduldet, sondern die ihm verpoten werden.“

Der Brief verfehlte seine Wirkung; als Brade, beim Grafen frisch rausgeflogen, 1613 in Hamburg ein­traf, stand im Probenraum der Ratsmusik schon das Dirigentenpult für ihn bereit. (Ob tatsächlich oder im übertragenen Sinne, soll jetzt hier nicht erörtert werden.)

Zwei Jahre leitete Brade die Hamburger Ratsmusik, da fiel ihm eines Tages auf, daß er eigentlich lange nicht in Kopenhagen war. Also beendete er 1615 sein Hamburger Engagement und begab sich mal wieder an den dänischen Hof. Dort blieb er bis 1618, ging dann als Kapellmeister an den Hof des Ad­mi­nistrators Christian Wilhelm von Magdeburg in Halle. Ja, das ist kompliziert mit den Orten, lohnt sich aber nicht weiter auszuführen, denn schon im August 1618 war Brade wieder weg und wurde am her­zoglichen Hof in Güstrow (Mecklenburg, südlich von Rostock) als Leiter der Hofkapelle angestellt. Interessant ist, daß in der Bestallungsurkunde auch seine beiden Söhne erwähnt werden: „er dan auch sol befehligt sein, uber die andern Musicanten, so wir bey Hoff in Uffwartung haben, billiger maßen zu commandiren und sie nebenst seinen beiden söhnen und andern, die wir seiner Unterweisung untergeben möchten, zu guter Übung an­zu­hal­ten.“  Die Söhne und die „andern“ scheinen also noch keine „Vollmitglieder“ der Kapelle zu sein, son­dern eine Art Lehrlinge. Das Gehalt für Brade und seine Söhne betrug 1000 Gulden, was weit über dem Durchschnitt lag – die Instrumentalisten bekamen durchweg unter 100 Gulden, selbst der be­rühm­te englische Lautenist John Stanley, der einige Jahre später angestellt wurde, bekam nur 400 Gulden jährlich.

Aber fürstliches Gehalt hin oder her, wo soll man das viele Geld ausgeben im tiefsten Hinterland? Also packte die Familie Brade wieder mal die Koffer und verabschiedete sich 1619 von Güstrow. Vermutlich ging es nach Berlin, aber das finde ich nicht in allen meinen Quellen. Wie auch immer, 1620 lockte wie­der einmal Kopenhagen (ist ja auch wirklich eine schöne Stadt), und Brade folgte seiner Natur (oder war es die seiner Frau?), d.h. beschränkte seine Aufenthaltsdauer auf zwei Jahret, bis 1622. Dem schloß sich ein Engagement als Leiter der Hofkapelle in Gottorf (bei Schleswig) an am Hof des Herzogs Fried­rich von Schleswig-Holstein-Got­torf, der gerade dabei war, seine Residenz – Dreißigjähriger Krieg hin oder her – zu einem der be­deu­tendsten kulturellen Zentren im Norden auszubauen. Hier hielt Brade es immerhin drei Jahre aus, bis 1625. Danach ging es wieder nach Hamburg. und dann hatte es ein Ende mit der Herumzieherei. In Hamburg verbrachte er, wohl ohne weiteres Engagement bei der Rats­musik oder sonstwo, seinen Le­bens­abend. Am 26. Februar 1630 starb William Brade in Hamburg.

Er hatte wohl drei Söhne und eine Tochter. Die erwähnten zwei musizierenden Söhne waren Christian, der am Kopenhagener und Gottorfer Hofe als Lautenist Karriere machte, und Stefan, von dem nur be­kannt ist, daß er Musiker war, aber weder Instrument noch Engagements.

John Dowland

John Dowland wurde ca. 1563 geboren, möglicherweise in London. Allerdings kommt auch Irland als Her­kunftsland in Frage, weil in seiner letzten Sammlung, A Pilgrim’s Solace (1612), ein Lied eine Wid­mung trägt: „to my loving countryman Mr. John Forster the younger, merchant of Dublin in Ireland“. Aber wie auch im­mer, die nächste Information, die wir von Dowland haben, ist ein Aufenthalt in Paris von 1579/1580 bis 1584. Hier war er beim englischen Botschafter Sir Henry Cobham und dann seinem Nachfolger Sir Ed­ward Stafford angestellt, wie es heißt, „um die geistreiche Profession der Musik zu erlernen“. Der Botschafter mei­nes Landes im Ausland wäre nicht meine erste Wahl, wenn ich Musik lernen wollte, aber okay… In Paris trat Dowland zum Katholizismus über, was er später in Anbetracht seiner geschrumpften beruf­li­chen Chancen sehr bereut hat.

1584 kehrte er nach England zurück, heiratete, und 1586 wurde sein Sohn Robert geboren, der später ebenfalls Musiker wurde. Ob es weitere Kinder gab, ist nicht bekannt. 1588 erhielt er den Grad eines Bachelor of Music in Oxford, im gleichen Jahr wie Thomas Morley (vermutlich kannten sie sich also vom Studium).

1594 bewarb er sich um den vakanten Posten eines Hoflautenisten am Königshof, wurde aber ab­ge­lehnt. Vermutlich kam ihm jetzt zum ersten Mal die Idee, daß die Konversion zum Katholizismus kein guter Plan war. Bald danach reiste er nach Deutschland, zunächst nach Wolfenbüttel an den Hof von Her­zog Heinrich Julius. Dieser war überaus musikliebend (in seinen Diensten befand sich neuerdings auch ein junger talentierter Organist namens Michael Praetorius) und war bereit, Dowland fast jeden Preis zu zahlen, wenn dieser nur in seinen Dienst träte. Dowland selber schrieb darüber: „If I would serve him, he would give me as much as any prince in the world.“ Aber er wollte weiter und begab sich nach Kassel an den Hof des noch musikliebenderen Landgrafen Moritz von Hessen. Dieser wollte ihn ebenfalls einstellen, aber Dowland hatte andere Pläne: Er wollte nach Rom, um sich bei Luca Marenzio weiterzubilden. Wei­ter ging die Reise über Nürnberg und Venedig nach Florenz, wo er u.a. Giulio Caccini traf und vor dem Herzog Ferdinando I. de‘ Medici spielte.

In Florenz erfuhr er von einer Verschwörung von englischen Exilanten zur Ermordung von Königin Eli­sabeth. Er war wohl soweit ins Vertrauen gezogen worden, daß er einem Gönner, Robert Cecil, 1. Earl of Salisbury, detaillierte Angaben über die Dunkelmänner machen konnte. Entsetzt machte er, daß er weg­kam, verzichtete auf den Besuch bei Marenzio und eilte zurück über Nürnberg nach Kassel (er mach­te sich wohl Sorgen, im fernen England könne der Verdacht aufkommen, er habe doch etwas mit der Angelegenheit zu tun, wenn er längere Zeit in der Nähe der Verschwörer bliebe). In Kassel blieb er ei­ni­ge Zeit und kehrte wahrscheinlich 1596 nach England zurück. Mit Marenzio wechselte er sehr freund­liche Briefe – dieser hatte sich vermutlich genauso auf Dowland gefreut wie umgekehrt. Ein kur­zer Brief Marenzios hat es sogar in die Vorrede des First Booke of Songes geschafft, das Dowland 1597 her­aus­brachte.

Im selben Jahr bekam Dowland auch aus Cambridge den Grad eines Bachelor of Music.

Nach dem Erscheinen des First Booke kam Post aus Dänemark, man habe am Hof von König Christian IV. eine Lautenistenstelle frei. 1598 wurde Dowland also Hoflautenist in Kopenhagen. Er wurde fürstlich entlohnt. In dieser Zeit war einer seiner Kollegen William Brade.

1603 starb Königin Elisabeth. Im selben Jahr erschienen die Lachrimae or seven Teares. Dowland widmete sie Königin Anne, der Frau des neuen Königs James I. und, wie der Zufall so spielt, Schwester seines Chefs in Dänemark, Christian IV. Dowland wollte immer noch, wie sein ganzes Leben schon, Hof­lau­te­nist in London werden; vielleicht konnte er sich über diese Widmung ins Gespräch bringen.

Dowland, der alle seine Ausgaben in England herausbrachte und deshalb immer wieder länger Urlaub nahm (was der König gar nicht gern sah) hatte wieder ziemlich lange für die Vorbereitung und Durch­füh­rung der Publikation gebraucht, und dann war auch noch schlechtes Wetter bei der Rückreise; so kam es, daß er erst 1604 wieder in Kopenhagen eintraf. Jetzt lief es nicht mehr ganz so gut mit der Be­zah­lung; früher war immer im voraus bezahlt worden, jetzt mußte er manchmal seinem Geld hinter­her­ren­nen oder drauf warten – Schulden waren die Folge.

1606 wurde Dowland entlassen. Vielleicht wegen der überzogenen Urlaube. Es kann aber auch sein, daß man bei Hofe einfach sparen mußte, denn ein wenig auffällig (angesichts Brades Reiselust allerdings nicht zu sehr) ist, daß Dowland und Brade, die wohl teuersten Musiker am Hof, gleichzeitig ihre Koffer pack­ten.

Dowland kehrte 1606 nach England zurück. Die finanzielle Lage blieb angespannt. Irgendwann bekam er eine Anstellung als Lautenist bei einem hochdekorierten Veteranen (und späterem Lord High Trea­surer des Königs), das hielt ihn über Wasser.

Und endlich, 1612, wurde John Dowland musician for the lutes am Hof von König James. Man sollte mei­nen, jetzt ginge es richtig los, endlich wäre Herr Dowland glücklich und die Lauten- und En­sem­ble­musik würde fortan nur so auf das Publikum herniederprasseln. Aber das Gegenteil ist der Fall – die letz­te Ausgabe mit Dowlands Kompositionen namens A Pilgrim’s Solace erschien 1612, danach kam nichts mehr. Vielleicht kam er ja vor lauter Lautespielen bei Hof nicht zum Komponieren und Drucken­lassen… Wir wissen es nicht.

Am 26. April 1626 starb John Dowland in London.

Alfonso Ferrabosco, der Ältere

Alfonso Ferrabosco, der Ältere, wurde am 18. Januar 1543 in Bologna getauft und dürfte wohl in zeit­licher und örtlicher Nähe geboren worden sein. Sein Vater war Musiker, zeitweise Kapellmeister der Cappella Giulia im Vatikan und Mitglied der päpstlichen Kapelle; daher verbrachte Alfonso seine frühe Kind­heit in Rom. 1555 mußte der Vater seine Stellung aufgeben, weil der in diesem Jahr inthronisierte Papst Paul IV. keine verheirateten Männer in seinen Diensten duldete, und kehrte samt Familie nach Bologna zurück.

1559 stand Alfonso zusammen mit zwei seiner Brüder in den Diensten des lothringischen Kardinals Char­les de Lorraine-Guise, eines der (einfluß-)reichsten Kirchenfürsten und Politiker Frankreichs. Er war beteiligt an den Hochzeitsfeierlichkeiten des Herzogs Emanuel Philibert von Savoyen mit Mar­ga­re­the, der Tochter des französischen Königs.

1562 kam er nach England an den Hof von Königin Elisabeth, die so begeistert von ihm war, daß sie ihm eine Pension von etwa 66£ jährlich gewährte. (Zum Vergleich: keine 30 Jahre früher bekam Chri­sto­pher Tye in Ely als Organist und Chorleiter 10£ Jahresgehalt. Inflation hin oder her – alles in allem ein ganz nettes Sümmchen für einen 19-jährigen Neuankömmling.)

Schon im folgenden Jahr, nach der Ausbezahlung des Jahresgehalts, verließ Ferrabosco die Anstellung und England.; 1564 war er bei Kardinal Alessandro Farnese in Rom angestellt, bekam dann aber doch Heim­weh nach dem Königshof in London. Mit der Ausrede, er müsse in einer dringenden An­ge­le­gen­heit zu seinem Vater nach Bologna, machte er sich davon, mitnichten nach Bologna, sondern nordwärts und kam wieder nach England. Diese Aktion brachte ihm später noch Scherereien, denn England war „Fein­desland“, und wer dahin wollte, benötigte eine Genehmigung der Inquisition. Ferrabosco hatte keine.

Die Königin freute sich und zahlte ihm auch wieder seine 66£ Jahresgehalt, ab 1567 erhöhte sie es so­gar auf 100£. Dafür verpflichtete er sich, für immer in ihren Diensten zu bleiben.

Im Frühjahr 1569 mußte Ferrabosco mal wieder dringend nach Bologna, versprach aber, dann gleich wie­derzukommen. Im Sommer schrieb er aus Paris, er sei leider gerade völlig ausgeraubt worden, werde aber in den nächsten paar Tagen kommen. Was nicht geschah, stattdessen kam der nächste Brief im Ok­tober aus Bologna: Jetzt seien seine Angelegenheiten sicherlich bald schon so gut wie fast erledigt. Aber die Probleme gingen weiter. Im September 1570, fast ein Jahr später, schrieb der rückkehrwillige Mu­siker, er benötige für die Reise nach England eine Erlaubnis des Papstes, und die komme einfach nicht. Bologna gehörte zum Kirchenstaat, der Papst war also Staatsoberhaupt; England war Fein­des­land, und der Staatschef überlegte sich wohl bei jedem seiner Bürger genau, ob er ihn dort hinlassen könne. Und Ferrabosco, dieser lose Vogel, der sich schon einmal unerlaubt dorthin aufgemacht hatte, bei dem mußte man sicherlich ganz genau hinschauen.

Irgendwann zwischen diesem Brief und dem Frühsommer 1571 traf Ferrabosco tatsächlich wieder in Lon­don ein. Seine jährlichen 100£ waren übrigens pünktlich an Vertraute ausgezahlt worden. 1574 be­an­tragte er eneut Freistellung für eine Reise nach Bologna, um Angelegenheiten nach dem Tod seines Vaters zu regeln. Es gibt keine Hinweise darauf, daß er tatsächlich gereist ist, vermutlich war also die Ant­wort der Königin kurz und eindeutig: „No!“

Um 1575 wurde, vermutlich in oder in der Nähe von London sein Sohn Alfonso (der Jüngere) geboren. Danach bekam er noch ein weiteres Kind. Beide waren unehelich, aber er heiratete die Mutter, Susanna Symons aus Antwerpen, später.

1577 wurde seine Bezahlung auf die Hälfte reduziert. Tatsächlich war er gerade dabei, in Schwie­rig­kei­ten zu geraten, wie man aus Briefen schließen kann, die er an verschiedene Gönner schickte. Er sei von ei­ner Reise zurückgekommen und habe festgestellt, er sei bei Hofe in Ungnade gefallen, die Königin wol­le nichts von ihm wissen. Der Grund sei wohl, daß er ganz offen und ohne Geheimhaltung seinen al­ten Bekannten, den französischen Botschafter, besucht habe und dort eine Messe besucht habe; das sei Grund genug, ihn bei der Königin anzuschwärzen. Die Lordschaften Gönner sollten sich doch bitte da­für einsetzen, seinen guten Ruf wiederherzustellen.

Aber es kam noch schlimmer. Zwei Wochen später schrieb er den nächsten Brief: Ihm werde vor­ge­wor­fen, einen jungen Ausländer ausgeraubt und ermordet zu haben. Er sei unschuldig, dieser junge Mann sei vielmehr sein Freund gewesen. In Hofkreisen wolle man ihn fertigmachen. Zwar wurde ihm ver­si­chert, die Königin glaube an seine Unschuld, aber eine offizielle Rehabilitation ließ auf sich warten. Ende 1577 drängte Ferrabosco noch einmal auf die Wiederherstellung seines guten Rufs – dieser Brief ist das letzte Dokument für seine Anwesenheit in England. Offensichtlich arbeitete die Bürokratie ihm zu langsam, und so zog er die Konsequenz: Zunächst reiste er mit seiner Frau nach Paris. Die Königin er­laubte den beiden nicht, ihre Kinder mitzunehmen.

Die Ankunft in Paris blieb nicht lange verborgen, der päpstliche Nuntius Dandino überwachte Ferra­bos­co fortan auf Schritt und Tritt und meldete seine Beobachtungen nebst Gerüchten usw., diesen un­si­che­ren Engländerfreund betreffend, getreulich nach Rom. Ferrabosco verließ Paris Ende September 1578 ohne seine Frau, die separat nach Bologna kommen sollte, weil er mit seiner Verhaftung rechnete. Ir­gend­wann nach seiner Abreise wurde er dann auch auf Geheiß des Papstes verhaftet und an einem heu­te nicht bekannten Ort inhaftiert, vermutlich Rom oder Bologna.

Hilfe kam von unerwarteter Seite. Königin Elisabeth hatte sich an die Mutter des französischen Königs, Cate­rina de‘ Medici, gewandt, ob sie da etwas machen könne. Diese schrieb an den französischen Bot­schaf­ter in Rom, er solle (ja nicht erwähnen, daß es Elisabeth war, die gefragt hat, aber) im Namen der fran­zösischen Königinmutter bitten, diesen Ferrabosco freizulassen. Der Gefallen Caterinas für Eli­sa­beth dürfte Teil ihrer Bemühungen gewesen sein, Caterinas Sohn François-Hercule mit Elisabeth zu ver­ehe­lichen – wozu es letztlich allerdings nicht kam.

Übrigens zahlte der englische Hof das reduzierte Jahresgehalt von 50£ bis 1582 weiterhin aus zu Gun­sten der in Obhut eines Höflings befindlichen Kinder.

Apropos Kinder – in Italien hatte Alfonso mit Susanna zwei weitere, Carlo Emanuele und Caterina.

Ingendwann nach Oktober 1580 wurde Ferrabosco freigelassen und begab sich in den Dienst des Her­zogs Carlo Emanuele von Savoy (als 16-jähriger Musiker war er bei der Hochzeit von dessen Eltern dabei­gewesen) in Turin. Mit diesem reiste er Anfang 1585 nach Spanien, wo sein Chef die Tochter des Königs, Catarina, heiratete.

Nach der Hochzeit setzte sich der Herzog auf allen möglichen diplomatischen Kanälen dafür ein, Ferra­boscos Kinder aus England herauszubekommen – leider vergeblich, die Königin blieb hart.

Alfonso Ferrabosco blieb bis zu seinem Tod in den Diensten des Herzogs von Savoyen, hielt sich aller­dings nicht durchgehend in der Residenz in Turin auf, sondern immer wieder auch in Bologna. Dort starb er, 45-jährig, am 12. August 1588 an einer Krankheit. Der Herzog setzte eine Rente für Alfonsos Frau Susanna und die (in Italien befindlichen) Kinder aus.

Ferraboscos  größtes musikalisches Verdienst dürfte darin bestehen, das Madrigal nach England ge­bracht zu haben. Während in seinem Heimatland sein Stil als altmodisch und überkommen galt, traf er wohl den englischen Geschmack besser. Es dauerte allerdings nach seiner Abreise noch 10 Jahre, bis der Madrigal-Boom so richtig losging – die Lunte glomm sozusagen im Verborgenen; dann erschienen fast gleichzeitig in London die Anthologie „Musica transalpina“ (1588) mit italienischen Madrigalen (ein­schließlich einiger von Ferrabosco) mit ins Englische übersetzten Textunterlegungen und die beiden Samm­lungen von William Byrd „Psalmes, Sonets & Songs of Sadnes and Pietie“ (ebenfalls 1588) und „Songs of Sundrie Natures“ (1589), und im Laufe der nächsten Jahre wurde das Madrigal zur be­lieb­testen Musikgattung in England.

Alfonso Ferrabosco, der Jüngere

Von Alfonso Ferrabosco, dem Jüngeren, ist kein genaues Geburtsjahr bekannt. Er muß aber jeden­falls um 1575 liegen, zwischen der Rückkehr seines Vaters aus Bologna 1571 und seinem endgültigen Ver­lassen Englands 1578, wobei noch Zeit für ein weiteres Kind geblieben sein muß, von dem man aller­dings außer seiner schieren Existenz nichts weiß.

Nachdem seine Eltern das Land verlassen hatten, Königin Elisabeth aber die Mitnahme ihrer Kinder ver­boten hatte, wuchsen diese bei einem Mitglied des Hofes auf namens Gomer van Awsterwyke. In den er­sten Jahren, bis 1582, wurde ihnen das Gehalt ihres Vaters ausgezahlt, auch danach gab es Zu­wen­dun­gen aus der königlichen Schatulle. Bemühungen des Vaters, seine Kinder nach Italien zu holen, wur­den von der Königin hintertrieben; die Kinder sahen ihre Eltern nie mehr.

Über Alfonsos musikalische Ausbildung ist nichts bekannt, sie war aber zweifellos gut. 1603 nahm er als Instrumentalist am Leichenbegängnis von Königin Elisabeth teil. Vom folgenden Jahr an gehörte er un­ter Elisabeths Nachfolger James I. zur Hofkapelle, außerdem war er Musiklehrer des Kronprinzen Henry und, als dieser überraschend 18-jährig starb, des neuen Kronprinzen und späteren Königs Charles. Ab 1623 war er Königlicher Kammermusiker unter James und behielt diesen Posten auch ab 1625 unter Charles‘ Regierung. Schließlich wurde er auch noch composer of the King’s music – alles in allem führte er ein recht wohlsituiertes Leben. Er starb im März 1628 in Greenwich.

Alfonso hatte drei Söhne, Alfonso (wie originell!), Henry und John, die alle erfolgreiche Musiker wurden: Al­fon­so (der noch Jüngere) und Henry folgten ihrem Vater in seinen verschiedenen Hofmusik-Ämtern nach; Alfonso als Musician for the viols and wind instruments sowie später als Musiklehrer des Kronprinzen, Hen­ry als Composer of the King’s music; John wurde Organist an der Kathedrale von Ely (also ein Nach­folger von Christopher Tye). Nicht vergessen werden sollen auch zwei Töchter, Elizabeth und Catherine, die später Musiker heirateten. Es ist wichtig, sich klarzumachen, daß Alfonso Ferrabosco der Jüngere trotz seines Namens kein itali­e­ni­scher Musiker war. Wenn sein Vater ihm je Musikunterricht gegeben hat, kann das allenfalls früher Ele­men­tarunterricht gewesen sein und in keiner Weise stilistisch prägend. Ansonsten gab es keinen un­mit­tel­baren italienischen Einfluß auf seinen Stil. Ferrabosco hat Engand wohl nie verlassen, ist also ein durch und durch englischer Komponist. Das soll nicht heißen, daß er über die Entwicklungen der Mu­sik von der Renaissance zum Barock auf dem Kontinent, gerade in Italien, nicht genau Bescheid wußte, und natürlich hat er diese Stilentwicklungen auch selber mitgemacht.

Peter Philips

Peter Philips wurde ca. 1561 geboren; über seinen Geburtsort gibt es nur Vermutungen, es könnte Lon­don gewesen sein. Aufzeichnungen existieren nicht, wir schließen das Geburtsjahr daraus, daß Phi­lips sich im Jahr 1597 in einer Aufenthaltsbescheinigung als 36-jährig bezeichnet hat. Anscheinend hat er eine musikalische Ausbildung in London an St. Paul’s Cathedral von dem hochangesehenen – wenn­gleich katholischen – Organisten Sebastian Westcott erhalten (der möglicherweise viele Jahre zuvor schon dem jungen William Byrd die ersten Töne beigebracht hat), denn es ist bekannt, daß er im Hause West­cotts lebte, bis dieser 1582 starb, und in seinem Testament mit einem Geldbetrag bedacht wurde.

Nach dem Tod seines Mentors verließ Philips England für immer. Er begab sich nach Italien, einerseits we­gen seines katholischen Glaubens, andererseits, weil er gehört habe, dort gebe es „excellent men of his facultie“. In Rom wurde er als Organist in das englische Jesuiten-Kolleg aufgenommen; parallel da­zu (?) stand er für drei Jahre in den Diensten des Kardinals Alessandro Farnese (derselbe Kardinal, aus des­sen Dienst 18 Jahre vorher Alfonso Ferrabosco d.Ä. abgehauen war).

1585 lernte Philips in Rom einen Landsmann kennen, der ebenfalls aus Glaubensgründen im Exil lebte, Thomas Paget, third Baron Paget. Dieser hatte schon eine längere Flucht hinter sich, weil er zumindest Krei­sen nahestand, die mit zwei Umsturzversuchen in England (Throckmorton Plot und Babington Plot) zu tun hatten, und der deshalb nicht nur in England gesucht wurde; es wurde auch ein Aus­lie­fe­rungs­ge­such an den französischen König gerichtet, der dieses allerdings nur mit einem Achselzucken quittierte.

Dieser Thomas Paget stellte Philips als Musiker ein (das Radio war ja noch nicht erfunden), und dieser ver­brachte die nächsten fünf Jahre mit seinem neuen Chef, überwiegend auf Reisen durch Spanien, Frank­reich und Flandern. Inzwischen wurde Paget in England seiner Rechte verlustig erklärt, und sein Ver­mögen wurde eingezogen. Dafür erhielt er vom spanischen König Philipp II. eine monatliche Zu­wen­dung.

1590 kamen die Reisenden nach Brüssel, und Paget starb dort. Philips zog noch weiter nach Ant­wer­pen, ließ sich dort nieder, heiratete und schlug sich fortan als Musiklehrer durch („by teaching of children on instruments“), wobei er etwas sauer war, daß der spanische König für ihn im Gegensatz zu seinem Freund Paget keinen Pfennig hatte springen lassen („havinge never had penny interteynemeynt nor any money from ye kinge of spayne or his lieutenants“). Seine Frau ist wohl bald gestorben – in der oben bereits er­wähn­ten Aufenthaltsbescheinigung von 1597 kommt sie nicht vor. 1591 brachte er eine Anthologie von Ma­dri­galen namens Melodia Olympica mit Werken von vielen italienischen und flämischen Komponisten heraus, darunter auch 4 Stücke von ihm selbst.

1593 reiste Philips nach Amsterdam, „to sie and heare an excellent man of his faculties in Amsterdam“; d.h. er besuchte Sweelinck und blieb einige Monate in der Stadt. Auf dem Rückweg nach Antwerpen wurde er von einem englischen Agenten beschuldigt, etwas mit den obengenannten Verschwörungen gegen Kö­ni­gin Elisabeth zu tun gehabt zu haben, und landete erstmal in Den Haag im Gefängnis. Die Be­schul­di­gun­gen erwiesen sich aber letztlich als haltlos, und nach etwa 3 Monaten wurde Philips aus dem Gefängnis entlassen. Immerhin hatte er dort Zeit und offenbar auch genug Ruhe gehabt, um eine berühmte Pavan dolorosa samt zugehöriger Galliard zu komponieren, die im Fitzwilliam Virginal Book zu fin­den sind – leider Tastenmusik, deshalb in den Kursnoten nicht dabei.

1597 ging Philips nach Brüssel und trat als Organist der Hofkapelle in den Dienst des Erzherzogs Albrecht von Österreich, des Schwiegersohns von König Philipp II. von Spanien und Statthalters der spa­ni­schen Krone in den Niederlanden. Vermutlich lernte er Girolamo Frescobaldi kennen, der 1607 – 1608 in Brüssel weilte, ein Schwätzchen von Tastenmeister zu Tastenmeister wird man sich sicherlich nicht haben entgehen lassen.

Philips war befreundet mit John Bull, einem der größten Tastenvirtuosen Europas, der zwar auch ka­tho­lisch war, aber aus anderen Gründen 1613 aus England nach Brüssel fliehen mußte – Ehebruch und tät­licher Angriff gegen einen Geistlichen während des Gottesdienstes, zumindest wurde ihm das vor­ge­wor­fen, und er blieb erst mal ein Jahr in Brüssel, ehe er nach Antwerpen weiterreiste.

Nach 1601 – es gibt verschiedene Angaben, wann – wurde Philips zum Priester geweiht, war ab 1610 Kanonikus (Chorherr) in Soignies südwestlich von Brüssel (da er aber immer noch Hoforganist in Brüssel war, stellt sich die Frage, wieviel Zeit er tatsächlich in seiner Kirche verbrachte). 1623 kam ein wei­teres Kanonikat in Béthune dazu (westlich von Brüssel, weiter entfernt, gehört heute zu Frankreich). Die­ser Ort ist – rein zufällig – interessant, weil er mit mehreren bedeutenden Musikern in Zu­sam­men­hang steht: Antoine Busnois und Pierre de Manchicourt sind hier geboren, Thomas Crecquillon soll hier ge­stor­ben sein. Tja, und jetzt war auch noch Peter Philips hier Kanoniker.

1628 starb Peter Philips in Brüssel.

Thomas Simpson

Thomas Simpson wurde 1582 in Milton, Kent (westlich von London) geboren. Über seine Kindheit, Ju­gend und Ausbildung ist nichts bekannt. 1608 war er Musicant am Hofe des Pfalzgrafen Friedrich  IV. in Heidelberg. In Heidelberg hat er 1609 geheiratet. Ab 1611 ist er in den Listen des Hofes nicht mehr ge­nannt; möglicherweise wurde nach dem Tod des Pfalzgrafen 1610 alles mögliche am Hof, auch die Ka­pelle, umstrukturiert, und da meinte man, auf Simpson verzichten zu können. Aber vielleicht ging er auch aus freien Stücken – man weiß es nicht.

1612 wurde Simpson jedenfalls am Hof des Grafen Ernst III. von Holstein-Schaumburg in Bückeburg an­gestellt, wo er mit William Brade zusammentraf und ca. ein Jahr zusammenarbeitete, bevor diesen (oder dessen Frau) der Drang nach mehr Geld packte, gegenüber dem Grafen mit Streikandrohung vor­getragen wurde und dazu führte, daß man die Familie Brade vor die Tür (bzw. das Schloßtor) setzte. Simp­son war von anderer Natur (seine Frau möglicherweise auch), und er blieb am Bückeburger Hof bis 1622.

Die Bückeburger Zeit war prägend für Simpsons Entwicklung als Komponist. Man kann das gut er­ken­nen, wenn man seine beiden Sammlungen Opusculum Neuwer Paduanen, Galliarden… von 1610 (also in sei­ner Heidelberger Zeit entstanden) und Opus Newer Pavanen von 1618 (also in Bückeburg komponiert) ver­gleicht. Das Opusculum ist noch deutlich Renaissance-geprägt, während das Opus stilistisch schon klar ins Barock weist.

1622 verließ Simpson Bückeburg, was mit dem Tod des Grafen Ernst zu tun gehabt haben könnte, und begab sich nach Kopenhagen an den Hof Christians IV. Dort traf er möglicherweise wieder mit Wil­liam Brade zusammen, der im Laufe des Jahres allerdings den Hof verließ.

Simpson blieb im Dienst Christians bis 1625. Danach verliert sich seine Spur; allerdings schreiben meh­re­re Quellen, er sei vermutlich in Kopenhagen geblieben und 1628 (die deutsche Wikipedia legt sich sogar soweit fest: „vor dem 22. Juni 1628“) gestorben, leider ohne uns über die Herkunft ihrer Er­kennt­nisse ins Bild zu setzen.

John Taverner

John Taverner wurde um 1490 geboren, möglicherweise in Lincolnshire, Ost­england. Über seine Kindheit und Jugend sowie seine Ausbildung ist nichts bekannt. 1514 war er in London und trat, gemeinsam mit seiner Frau Anne, der Fraternity of St. Nicholas bei – eine Gilde, der alle Kirchenmusiker ver­pflichtend anzugehören hatten. Hier kam er sicherlich in Kontakt mit zahl­reichen Musikern von den Stadtrandgemeinden bis zur königlichen Ka­pel­le. Ob er sich in London nur als Gelegenheitsmusiker durchschlug oder eine oder mehrere Anstellungen hatte, ist nicht bekannt.

In seiner Londoner Zeit entstand wohl neben anderen Werken auch die “Western Wind Mass”. Diese Messe ist die einzige von Taverner über einen weltlichen Cantus firmus und auch in ihrer Machart, die permanente Vari­a­ti­on des C.f. in drei der vier Stimmen, für Taverner einzigartig. Über diesen C.f. gibt es außer der Messe von Taverner noch zwei weitere, von Chri­sto­pher Tye und John Sheppard; ansonsten ist diese Melodie des Liedes nicht be­kannt. Es kursierte möglicherweise am königlichen Hof, und man kann vermuten, daß sich Taverner mit die­ser Messe für eine Anstellung am Hof ins Gespräch bringen wollte. Leider wurde nichts daraus, und Taver­ner verließ London. – möglicherweise starb in dieser Zeit auch seine Frau, was ihn zu einem Orts­wech­sel motiviert haben könnte. 1524 tauchte er auf in den Akten der Kathedrale St. Botolph in Boston (nicht USA, sondern Lincolnshire – allerdings ist die amerikanische Stadt hiernach benannt) als Gastsänger aus Tattershall, einem kleinen abgelegenen Ort in Lincolnshire, an dem es gleichwohl ein “College” gab, al­so eine Lateinschule mit kirchenmusikalischem Schwerpunkt.

Im Jahr 1525 gründete Kardinal Thomas Wolsey, Lordkanzler unter Heinrich VIII. und zeitweise einer der mäch­tigsten, wenn nicht der mächtigste Mann in England, in Oxford das Cardinal College, das später in Christ Church College umbenannt wurde und unter diesem Namen noch heute existiert. Als ersten Orga­ni­sten und Informator choristarum (Chorleiter) berief Wolsey Taverner – vielleicht kannte er ihn aus der Lon­doner Zeit. Nach anfänglichem Zögern trat Taverner dieses Amt 1526 an. Zwei Jahre später wurde er akten­kundig, da er mit irgendwelchen ketzerischen Untergrundaktivitäten von Lutheranern in Verbindung ge­bracht wurde. Aber seine Verstrickung in diese Verschwörung war wohl so gering, daß Kardinal Wolsey ihn mit dem Hinweis, er sei ja “bloß ein Musiker” („but a musitian“), aus der Schußlinie nahm und nicht wei­ter verfolgte. 1529 fiel Wolsey beim Hof in Ungnade; das wirkte sich auch aus auf sein großes Projekt Cardinal College, und dieses verlor an Ansehen und vor allem an finanzieller Beweglichkeit, und damit schrumpf­te auch der Chor. 1530 verließ Taverner, der eigentlich gerade auf dem Höhepunkt seiner Kar­ri­e­re war – er war an einem der bedeutendsten Colleges des Landes angestellt und leitete einen großen und vor­züglichen Chor – Oxford. Mit seinem Weggang endet die Überlieferung seines musikalischen Werkes – wenn er danach noch etwas komponiert hat, ist es seither verschollen.

Während seiner Zeit am College weckte Taverner das Interesse eines aufstrebenden Juristen in den Dien­sten Wolseys, Thomas Cromwell. Dieser, nebenbei auch Mitglied des Parlaments, erlangte nach Wolseys Sturz schnell die Gunst von Heinrich VIII. und machte eine steile Karriere (seit 1531 gehörte er zu den Ver­trau­ten des Königs, 1533 wurde er Schatzkanzler, 1534 königlicher Sekretär, 1536 Lordsiegelbewahrer usw.). Nach­dem unter seiner Leitung das Parlament 1534 die Suprematsakte angenommen hatte, die den König an­statt des Papstes an die Spitze der Kirche setzt, war Cromwell wesentlicher Architekt der Reformation in Eng­land. Ein wesentliches Element davon war die Auflösung der Klöster – eine Tätigkeit, die ihm so schmei­chelhafte Bezeichnungen wie “Hammer der Mönche” oder “Sendbote des Teufels” einbrachte. Es wird überliefert, daß Taverner in den Diensten Cromwells stand und ihn dabei unterstützte. Doch aus ei­nem Brief Taverners an Cromwell geht hervor, daß er den Mönchen eines Klosters finanzielle Hilfe geleistet hatte und sich jetzt für weitere Unterstützung bei Cromwell einsetzte. So ganz tief kann er also wohl nicht in das Klosterauflösungsgeschäft verstrickt gewesen sein.

Seine letzten Lebensjahre verbrachte Taverner als relativ wohlhabender und angesehener Bürger in Boston.  Im Juni 1545 wurde er zum alderman (Ratsherr) der Stadt gewählt, übte das Amt aber nur wenige Monate aus. Am 18. Oktober 1545 starb John Taverner in Boston.

Christopher Tye

Über die Kindheit und Jugend von Christopher Tye ist nichts bekannt. Da der Name häufig in Doku­men­ten des 15. Jahrhunderts in den Grafschaften Cambridgeshire und Norfolk vorkommt, besteht eine ge­wisse Wahrscheinlichkeit, daß er aus dieser Gegend stammt. In Aufzeichnungen des King’s College, Cam­bridge, wird von 1508 bis 1513 ein Knabe namens Tye (ohne Vornamen) geführt, was die Ver­mu­tung nahelegte, daß es sich hierbei um Christopher handelte, was auf ein Geburtsjahr um 1500 hin­deu­te­te. Inzwischen hat man sich, ohne daß ich irgendwo Begründung dafür finden kann, in der Literatur auf ca. 1505 als Geburtsjahr geeinigt – damit ist klar, daß in Cambridge ein anderer Knabe namensTye ge­sungen hat. Konkreter wird es erst 1536; in diesem Jahr erwarb Christopher Tye an der Universität Cam­bridge nach längerem Studium den Grad eines Bachelor of music. Zu dieser Zeit galt er bereits als er­fah­rener Komponist und Lehrer. Möglicherweise schon während des Studiums, spätestens aber ab 1537 war er als lay clerk (professioneller, nicht-geistlicher Liturgiesänger) am King’s College in Cambridge an­ge­stellt. 1539 enden die Eintragungen, die ihn in Cambridge nachweisen. 1541 wurde er Magister cho­ri­sta­rum und Organist an der Kathedrale in Ely mit einem Salär von 10£ im Jahr. Gelegentlich hatte er aber wohl auch noch in Cambridge zu tun, denn 1545 wurde er dort zum Doctor of music promoviert (1548 übri­gens auch in Oxford).

In Ely freundete sich Tye mit dem etwa gleichaltrigen Archdeacon Richard Cox an, einem glühenden Ver­fech­ter der englischen Reformation, der daher Heinrich VIII. sehr nahe stand. Dieser wurde um 1543 als Erzieher des Prinzen Edward (ab 1547 Königs Edward VI.) nach London berufen und setzte sich dort erfolgreich dafür ein, daß Tye ebenfalls einen Ruf als Musiklehrer an den Hof erhielt, wo dieser dann wohl neben dem Musikunterricht für den Prinzen auch sonst beratend in musikalischen Dingen tä­tig war. Nebenbei sang Tye wohl als Gastmusiker in der Chapel Royal mit, wofür es bei dieser keine Auf­zeichnungen gibt, aber einen Hinweis auf der Titelseite von Tyes einzigem zu seinen Lebzeiten ge­druck­ten Werk, den Actes of the Apostles (1553), wo er sich selbst bezeichnet als „one of the Gentylmen of hys graces moste honourable Chappell“.

Vermutlich hatte Tye eine recht enge persönliche Beziehung zu Edward. Hinweise darauf liefert ein Schau­spiel namens When You See Me You Know Me, das ein Autor names Samuel Rowley 1605 schrieb und in dem es um Heinrich VIII. und Edward VI. geht. (Eine Mary Tye – Tochter des Komponisten? – hei­ra­tete 1560 einen Robert Rowley – Vater des Bühnenautors? –, somit wäre der Bühnenautor ein En­kel des Komponisten. Aber man weiß es nicht genau.) In diesem Stück spielt Doctor Tye in einer Szene ei­ne wichtige Rolle, die in der Lobpreisung des jungen Königs Edward gipfelt: „I oft haue heard my Fa­ther merrily speake, in your hye praise, and thus his Highnesse sayth, England, one God, one truth, one Doc­tor hath for Musicks Art, and that is Doctor Tye, admir’d for skill in Musickes harmonie“ und in der folgenden Präsentation der „Actes of the Apostles“ durch den Komponisten samt dem Ver­spre­chen des Königs, sie von seiner Kapelle fleißig spielen zu lassen.

In seiner Widmung der Actes an Edward wünscht Tye diesem „longe to raygne in muche honoure, heal­the, wealthe and victorye“. Der Wunsch ging leider nicht in Erfüllung, im Februar 1553 wurde Ed­ward krank und erholte sich auch nicht mehr, bis er am 6. Juli desselben Jahres starb, als 15-Jähriger nach 6 Regierungsjahren. Vermutlich litt er an Tuberkulose.

Tye blieb vermutlich noch einige Jahre in London und kehrte erst 1558 oder 1559 auf seine alte Or­ga­ni­sten- und Chorleiterstelle in Ely zurück – möglicherweise auf Bitten seines alten Freundes Richard Cox. Dieser hatte es aus guten Gründen als ein wichtiger Betreiber der Reformation vorgezogen, die Zeit der katholischen Restauration unter Edwards Nachfolgerin, Königin Mary, auf dem Kontinent zu ver­bringen, und kehrte erst nach England zurück, nachdem sie 1558 gestorben war. Die neue Königin Elisa­beth (protestantisch) setzte ihn als Bischof in Ely ein. So trifft man sich wieder.

1560 wurde Tye von Cox zuerst, im Juli, zum Diakon und dann, im November, zum Priester geweiht. Damit endete wohl seine kompositorische Tätigkeit. Er bekam eine Pfarre in Doddington in der Nähe von Ely, in den nächsten Jahren noch weitere. Über seine Begabung zur Wortverkündigung und Predigt hielt die Begeisterung seiner Gemeinde sich wohl in Grenzen. Im März 1573 wurde ein neuer Pfarrer in Doddington ernannt. Daraus ist zu schließen, daß Christopher Tye 1572 oder 1573 gestorben ist.

Thomas Weelkes

Thomas Weelkes wurde am 25. Oktober 1576 im Dorf Elsted bei Chichester, West Sussex, getauft; sei­ne Geburt dürfte wohl im selben Jahr stattgefunden haben. Über seine Jugend ist nichts bekannt. 1597 erschien sein erster Band mit Madrigalen. Etwa zu dieser Zeit befand er sich in den Diensten des Ade­ligen Edward Darcy, der den Rang eines „Groom of the Privy Chamber“ (Kammerjunker für die Privat­gemächer) am Königshof innehatte, faktisch aber ein beinharter Geschäftsmann war mit Mono­polen in so verschiedenen Branchen wie Stahl und Spielkarten. Sein Einfluß bei Hof reichte offenbar nicht aus, um dem jungen Komponisten dort eine Stellung zu verschaffen.

Weelkes‘ Dienstverhältnis bei Darcy dauerte nicht lange, und 1598 nahm eine Organistenstelle am Win­chester College an. Diese war allerdings jämmerlich bezahlt; davon abgesehen war der Winchester College Cha­pel Choir zwar, wie das ganze College, eine höchst traditionsreiche Angelegenheit, aber man war dort zu weit vom Schuß, um königlichen Agenten oder solchen der großen Kathedralen aufzufallen. Als 1601 oder 1602 sein ohnehin karges Salär noch reduziert wurde, verließ Weelkes das College.

1602 machte er einen Abschluß als Bachelor of Music in Oxford und trat anschließend eine Stelle als Or­ganist und „informator choristarum“ (Chorleiter) an der Kathedrale von Chichester an. Diese be­hielt er, mit mindestens einer kurzen Unterbrechung, bis an sein Lebensende.

Leider schauten auch in Chichester kaum königliche Talentscouts vorbei. Und mit reichen Förderern, de­nen Weelkes seine Madrigalausgaben widmete, hatte er auch kein Glück. Es waren zwar durchaus wohl­wollende und prinzipiell einflußreiche Herrschaften, aber entweder machten diese oder ihre An­ge­hö­rigen sich in höchsten Kreisen unbeliebt, z.B. durch allzu ostentatives Praktizieren des katholischen Glau­bens zu Zeiten der Königen Elisabeth (in dieser Zeit sah man das nicht so gern), oder sie oder ih­nen politisch Nahestehende schafften es, in Ungnade zu fallen und teilweise auf dem Schafott zu lan­den – in jedem Fall hatte es, wenn diese Förderer anfingen, bei Hofe den Namen ihres Schützlings Weel­kes ins Spiel zu bringen, wohl allenfalls ein müdes Abwinken zur Folge. Ein Karrieresprung war je­den­falls nicht zu erhoffen. Auch seine Freundschaft mit Thomas Morley wirkte sich leider nicht förderlich aus.

Ein weiterer Faktor, der einem solchen wesentlich im Wege stand, war Weelkes‘ Undiszipliniertheit, später auch sein Alkoholismus. 1609 bekam er erstmals Ärger wegen unentschuldigter Abwesenheit; ab 1613 häuften sich Beschwerden über wiederholtes auffälliges Benehmen. 1616 wurde dem Domkapitel vor­gelegt: „He hath been and is noted and famed for a comon drunckard and a notorious swearer & blasphemer…“ Daraufhin wurde er aus dem Dienst entlassen – allerdings kurz darauf wieder eingestellt. Dieser glimpf­liche Verlauf der Angelegenheit führte indessen zu keiner erkennbaren Läuterung. 1619 erging eine er­neu­te Klage an das Domkapitel: „Dyvers tymes & very often come so disguised eyther from the Taverne or Ale house into the quire as is muche to be lamented, for in these humoures he will bothe curse & sweare most dreadfully, & so profane the service of God … and though he hath bene often tymes admonished … to refrayne theis humors and re­for­me hym selfe, yett he daylye continuse the same, & is rather worse than better therein.“ Aber das Domkapitel bzw. der Bischof übte sich in Nachsicht, Weelkes behielt seine Stelle.

Er hielt sich jetzt allerdings wohl immer wieder mal in London auf. Auf einem dieser Aufenthalte verstarb er am 30. November 1623.

Weelkes‘ Werk besteht überwiegend aus Vokalmusik. Am bedeutendsten sind wohl seine Madrigale –  sie gelten neben denen von John Wilbye als Höhepunkt des englischen Madrigalschaffens. Sie ent­stan­den komplett in seinen jüngeren Jahren; zwei Bände während seiner Zeit in Winchester, zwei weitere in Chi­chester, davon der letzte im Jahr 1608. Später komponierte er nur noch Kirchenmusik und ganz ver­ein­zelt Instrumentalmusik.

Ob sein Ruf als Trunkenbold den als vorzüglicher Komponist überschattete und dafür sorgte, daß er nie eine seinem Talent entsprechende Stellung erhielt, oder ob die Frustration über die Aus­sichts­losig­keit, jemals aus der „Provinz“ herauszukommen, ihn zum Säufer werden ließ – in welchem Ausmaß sei­ne unzufriedenstellende Karriere also widrigen Umständen bzw. Pech anzulasten ist oder seiner eigenen Schwä­che, wird man wohl nie herausfinden. Auf jeden Fall haben wir es hier mit einer tragischen Figur zu tun, die bei allem Unglück immerhin das Glück eines sehr langmütigen Arbeitgebers hatte.

William Wigthorpe

Über William Wigthorpe ist nicht viel bekannt. Er lebte von ca. 1579 bis ca. 1609; er könnte auch früher geboren und später gestorben sein, es kursieren verschiedene Lebensdaten, deren Gemeinsamkeit die reichliche Verwendung von „ca.“ ist, die aber alle auf eine aktive Zeit um 1600 hindeuten. Wigthorpe war Organist am New College in Oxford.